Clickbaiting – das ist die Marketing-Variante des guten alten Esels mit der Karotte vor der Nase: Das arme Tier läuft hinterher, kommt aber niemals dran. Beim Clickbaiting ist es ähnlich: Dem Leser wird ein Versprechen gemacht, das der Website- oder News-Artikel am Ende nicht einlöst. Zurück bleibt ein mieser Nachgeschmack – und zwar nicht von der Karotte.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Clickbaiting?
Der Begriff „Clickbaiting“ oder „Clickbait“ bezeichnet eine nach wie vor beliebte Marketing-Masche, bei der besonders reißerische Überschriften verwendet werden, um Userinnen und User im World Wide Web dazu zu bringen, auf einen Artikel zu klicken und eine Webseite zu besuchen. Besonders häufig wird der Köder von News-Portalen oder Affiliate-Seiten ausgeworfen: Überall dort, wo die Konkurrenz groß und der Klick potenziell sehr wertvoll ist.
Wie funktioniert Clickbaiting?
Clickbaiting spielt mit unseren Emotionen, bevorzugt mit den negativen. Der Leser wird schockiert, auf die Folter gespannt oder wütend gemacht. Man verspricht etwas Unerhörtes, nie Dagewesenes, DAS Geheimnis, ohne dessen Enthüllung Leserin und Leser nicht weiterleben können: Alles, um den Klick abzusahnen und den Traffic (= die Zugriffe auf die Webseite) zu steigern. Ob der Emotions-Trigger moralisch ist oder nicht, sei dahingestellt.
Das Problem mit Clickbaiting ist aber, dass der überspitzte Titel oder der schockierende Teaser in der Regel nicht hält, was er verspricht. Täte er das, würden wir nicht von Clickbait sprechen, sondern von einem saugeilen Stück Online-Journalismus.
Das krasse Geheimnis, die schockierende Meldung oder die schlüpfrige Sensation bleibt entweder ganz aus, oder der Autor/die Autorin verkauft uns eine aufgedonnerte Alltäglichkeit als Big News. Nicht cool.
Beispiel für Clickbaiting
Im Juli 2022 titelte die „Heute“: Arabella Kiesbauer mit Messer am Flughafen erwischt! „WAS?!“ denkt der empörte Nutzer. „Was hatte DIE denn vor?“ Und zack: Artikel ist angeklickt. Weiß ich aus eigener Erfahrung, denn im Juli 2022 war ich selbst unter den Clickbait-Opfern der „Heute“. Ich lag zu der Zeit gerade auf meinem XXL-Harry-Potter-Handtuch am Strand von Cala Rajada und scrollte durch meinen News-Feed, als die Meldung aufpoppte.
Es stellte sich heraus, dass auch Arabella Kiesbauer nach Mallorca wollte: In ihre Ferienwohnung. Und weil sie so gerne kocht, hat sie ihr Lieblings-Schneidemesser eingepackt – dummerweise ins Handgepäck. Also nein: Kein Eifersuchtsdrama, kein Anschlag, keine versuchte Entführung. Einfach nur eine etwas zerstreute Moderatorin. Enttäuschung pur.
Wie erkennt man Clickbait?
Das Faszinierende an Clickbaiting ist, dass es funktioniert. Und das, obwohl 9 von 10 Nutzern Clickbait auf den ersten Blick erkennen. Clickbaity Titels ähneln sich nämlich sehr stark:
Die Autorinnen und Autoren stopfen ihre Titel und/oder Teaser mit Superlativen, over-the-top-Adjektiven und typischen Call-to-Action-Formulierungen voll. Alles ist erschütternd, unglaublich und schockierend. Sehr beliebt sind auch Beiträge über Personen, bei denen leicht die Hutschnur platzt, und emotional stark behaftete Themen wie Krankheiten oder Haustiere.
Typische Clickbait-Formulierungen, wie sie in jedem News- oder Social-Media-Feed um Aufmerksamkeit buhlen, sind zum Beispiel:
- Dieser Mann ist SCHWANGER! Ärzte stehen vor einem Rätsel.
- Wissenschaftler schockiert: Diese Pflanze schmilzt Bauchfett über Nacht.
- Sie war eine glückliche Mutter, doch dann geschah DAS.
- Die 6 teuersten Haustiere. Nummer 4 wird dich überraschen!
- OMG! Was dieses Kind in seinem Ohr hatte, ist unglaublich!
- SO sieht Ilka Bessin [insert any overweight person] nicht mehr aus!
- Sylvana Wollny ist jetzt ganz schlank und sieht aus wie ein Model!
Faustregel: Fühlst du dich ein bisschen schuldig, willst aber trotzdem klicken, weil dich eine makabre Neugierde antreibt? Dann ist es wahrscheinlich Clickbait. 😉
Ist Clickbait strafbar?
Clickbaiting ist nicht direkt strafbar, aber es wird abgestraft. Das heißt: Nach aktueller Gesetzeslage im deutschsprachigen Raum muss zwar niemand, der dem Leser die sprichwörtliche Karotte vor die Nase hält, mit einer Anzeige rechnen, aber Google und YouTube gehen seit einigen Jahren immer stärker gegen Clickbaiting vor.
Google verbietet Clickbaiting in bezahlten Anzeigen (Google Ads) seit 2020, und in den Richtlinien von YouTube heißt es: „Spam, Betrug und andere irreführende Praktiken, mit denen die YouTube-Community getäuscht wird, sind auf YouTube nicht erlaubt.“
Mehr Informationen zum Thema Strafbarkeit von Clickbaiting findest du in diesem Artikel von Rechtsanwältin Nicole Mutschke.
In den nicht bezahlten Suchergebnissen von Google (= organischer Traffic) wird Clickbait ebenfalls abgestraft: Die Suchmaschine spielt Webseiten, die auf Clickbaiting setzen, weniger und an schlechteren Positionen aus.
Clickbaiting im Marketing
Clickbait ist die heiße Kartoffel, die im Marketing keiner anfassen will. Und das hat einen guten Grund: Obwohl Webseiten, die Clickbaiting anwenden, häufig sehr hohe Klickzahlen haben, also viele Menschen auf die WOWs! und OMGs! und Krasseste Sache ever! reinfallen, sind die User Signals dahinter in der Regel nicht sehr gut. Das heißt: Ja, der Nutzer klickt.
Aber entweder bounct er direkt wieder ( = schließt den Artikel), oder er ärgert sich so sehr darüber, dass er nicht bekommen hat, was versprochen wurde, dass er das Medium/die Webseite in Zukunft meidet. Beides wollen wir im Marketing auf jeden Fall vermeiden.
UX-Writing statt Clickbait
Wer bei Google nach oben kommen und dauerhaft die richtigen Kunden anziehen will, sollte um Clickbaiting einen großen Bogen machen. Die vielen Zugriffe, die Clickbait generieren kann, mögen verlockend sein. Aber du zahlst einen verdammt hohen Preis, wenn du zwar viele Klicks bekommst, aber deine Nutzerinnern und Nutzer dabei verärgerst.
Das gilt vor allem für Unternehmen und Solo-Selbstständige, die im Dienstleistungssektor tätig sind: Was du willst, ist eine gute Beziehung zu deinen Website-Besuchern und potenziellen Neukunden. Und die kriegst du nicht, wenn du ihnen etwas versprichst und sie dann hängenlässt.
Ich schließe den Artikel mit einer guten Nachricht: Clickbaiting ist gar nicht notwendig, um Leserinnen und Leser anziehen und zu fesseln. Statt deine Energie auf reißerische Headlines zu verschwenden, solltest du lebendige, dynamische Texte schreiben, die deine Kundinnen und Kunden begeistern und deine Dienstleistung verkaufen!
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