Clickbaiting – das ist die Marketing-Variante des guten alten Esels mit der Karotte vor der Nase: Das arme Tier läuft hinterher, kommt aber niemals dran. Beim Clickbaiting ist es ähnlich: Dem Leser wird mithilfe einer besonders spektakulären Headline ein Versprechen gemacht, das der Website- oder News-Artikel am Ende nicht einlöst. Zurück bleibt ein mieser Nachgeschmack – und zwar nicht von der Karotte. (Zuletzt aktualisiert im Oktober 2023)
Inhaltsverzeichnis
Was ist Clickbaiting?
Der Begriff „Clickbaiting“ oder „Clickbait“ bezeichnet eine beliebte Marketing-Masche, bei der besonders reißerische Überschriften verwendet werden, um Userinnen und User im Internet (z.B. auf Google) oder in den sozialen Netzwerken dazu zu bringen, auf einen Artikel zu klicken. Das Ziel von Clickbaiting ist es, hohen Traffic für die jeweilige Website zu generieren.
Besonders oft wird der Köder von Affiliate-Seiten ausgeworfen: Überall dort, wo die Konkurrenz groß und der Klick potenziell sehr wertvoll ist.
Wie funktioniert Clickbaiting?
Clickbaiting spielt mit unseren Emotionen, bevorzugt mit den negativen. Der Leser wird schockiert, auf die Folter gespannt oder wütend gemacht. Man verspricht etwas Unerhörtes, nie Dagewesenes: DAS Geheimnis, ohne dessen Enthüllung Leserin und Leser nicht weiterleben können. Was hier entsteht, ist der sog. Curiosity-Gap: Userin und User bekommen das Gefühl, dass sie die versprochene Information dringend brauchen.
Was tun sie also? Sie klicken! Leider hält der überspitzte Titel oder der schockierende Teaser meistens nicht, was er verspricht. Täte er das, würden wir nicht von Clickbait sprechen, sondern von einem saugeilen Stück Online-Journalismus. 😉
Das krasse Geheimnis, die schockierende Meldung oder die schlüpfrige Sensation bleibt entweder ganz aus oder man verkauft uns eine aufgedonnerte Alltäglichkeit als Big News. In jedem Fall: Nicht cool!
Warum funktioniert Clickbaiting?
(Gutes) Marketing hat schon immer auf psychologische Effekte gesetzt. Vor allem in den sozialen Medien ist das Spiel mit Emotionen an der Tagesordnung. Das Problem mit Clickbaiting ist also nicht der Emotions-Trigger an sich: es ist die Enttäuschung, die dem Trigger folgt. Und eigentlich weiß auch jede:r, dass clickbaity Titles in 99% der Fälle NICHT das liefern, was sie versprechen. Bleibt also die Frage: Warum funktioniert Clickbaiting trotzdem?
Ganz einfach: Der initiale Klick reicht den Betreibern schon. Da viele Online-Magazine ihr Geld mit Werbe-Schaltungen verdienen, kommt es eigentlich nur darauf an, dass möglichst viele User die Anzeigen eingeblendet bekommen. Wie lange sie danach noch auf der Seite bleiben, ist nicht wichtig. Wunderbare Beispiele für diese Masche sind Online Magazine wie Buzzfeed, Vice oder die Huffington Post (mehr Informationen).
Was ist Clickbaiting? Beispiel!
Im Juli 2022 titelte die „Heute“: Arabella Kiesbauer mit Messer am Flughafen erwischt! „WAS?!“ denkt der empörte Nutzer. „Was hatte DIE denn vor?“ Und zack: Artikel ist angeklickt! Das weiß ich aus eigener Erfahrung, denn im Juli 2022 war ich selbst unter den Clickbait-Opfern der „Heute“. Ich lag zu der Zeit gerade auf meinem XXL-Harry-Potter-Handtuch am Strand von Cala Rajada und scrollte durch meinen News-Feed, als die Meldung aufpoppte.
Es stellte sich heraus, dass auch Arabella Kiesbauer nach Mallorca wollte: In ihre Ferienwohnung. Und weil sie so gerne kocht, hatte sie ihr Lieblings-Schneidemesser eingepackt – dummerweise ins Handgepäck. Also nein: Kein Eifersuchtsdrama, kein Anschlag, keine versuchte Entführung. Einfach nur eine etwas zerstreute Moderatorin. Enttäuschung pur!
Wie erkennt man Clickbait?
Das Faszinierende an Clickbaiting ist, dass es funktioniert. Und das, obwohl 9 von 10 Nutzern Clickbait auf den ersten Blick erkennen. Clickbaity Titels ähneln sich nämlich sehr stark:
Die Autorinnen und Autoren stopfen ihre Titel und/oder Teaser mit Superlativen, over-the-top-Adjektiven und typischen Call-to-Action-Formulierungen voll. Alles ist erschütternd, unglaublich und schockierend. Sehr beliebt sind auch Beiträge über Personen, bei denen leicht die Hutschnur platzt, und emotional stark behaftete Themen wie Krankheiten oder Haustiere.
Typische Clickbait-Formulierungen, wie sie in jedem News- oder Social-Media-Feed um Aufmerksamkeit buhlen, sind zum Beispiel:
- Dieser Mann ist SCHWANGER! Ärzte stehen vor einem Rätsel.
- Wissenschaftler schockiert: Diese Pflanze schmilzt Bauchfett über Nacht.
- Sie war eine glückliche Mutter, doch dann geschah DAS.
- Die 6 teuersten Haustiere. Nummer 4 wird dich überraschen!
- OMG! Was dieses Kind in seinem Ohr hatte, ist unglaublich!
- SO sieht Ilka Bessin [insert any overweight person] nicht mehr aus!
- Sylvana Wollny ist jetzt ganz schlank und sieht aus wie ein Model!
Faustregel: Fühlst du dich ein bisschen schuldig, willst aber trotzdem klicken, weil dich eine makabre Neugierde antreibt? Dann ist es wahrscheinlich Clickbait. 😉
Was sind die Gefahren von Clickbaiting?
Bei Websites, die Content Aggregation betreiben und/oder die ihr Geld mit Werbeschaltungen verdienen, interessiert es im Grunde niemanden, dass die Inhalte nicht gerade vor journalistischer Qualität strotzen: Der User ärgert sich kurz, bounct, end of story. Unternehmen, die online neue Kunden finden wollen, können sich das allerdings NICHT erlauben.
Denn obwohl Webseiten, die Clickbaiting anwenden, häufig sehr hohen Traffic haben, weil viele Menschen auf die WOWs! und OMGs! und Krasseste Sache ever! reinfallen, sind die User Signals dahinter in der Regel nicht sehr gut. Das heißt: Ja, der Nutzer klickt.
Aber entweder bounct er direkt wieder ( = schließt den Artikel), oder er ärgert sich so sehr darüber, dass er nicht bekommen hat, was versprochen wurde, dass er das Medium/die Webseite in Zukunft meidet. Beides wollen wir im Marketing auf jeden Fall vermeiden.
Ein weiterer Grund dafür, warum Clickbaiting im KMU-Marketing gemieden wird, ist die Tatsache, dass auch Suchmaschinen wie Google Clickbait erkennen. Google hat mit Google EEAT sogar ein Konzept gegen minderwertigen und „clickbaity“ Content im Core-Algorithmus verankert und spielt Webseiten, die auf Clickbaiting setzen, für ihre relevanten Keywords seltener und an schlechteren Positionen aus. Die Folge: Dein organischer Traffic sinkt und deine gesamte SEO-Strategie war für den Eimer.
Ist Clickbait strafbar?
Clickbaiting ist nicht direkt strafbar, aber es wird abgestraft. Das heißt: Nach aktueller Gesetzeslage im deutschsprachigen Raum muss zwar niemand, der dem Leser die sprichwörtliche Karotte vor die Nase hält, mit einer Anzeige rechnen, aber Google und YouTube gehen seit einigen Jahren immer stärker gegen Clickbaiting vor.
Google verbietet Clickbaiting in bezahlten Anzeigen (Google Ads) seit 2020, und in den Richtlinien von YouTube heißt es: „Spam, Betrug und andere irreführende Praktiken, mit denen die YouTube-Community getäuscht wird, sind auf YouTube nicht erlaubt.“
Mehr Informationen zum Thema Strafbarkeit von Clickbaiting findest du in diesem Artikel von Rechtsanwältin Nicole Mutschke.
Du brauchst gar kein Clickbaiting!
Wer bei Google nach oben kommen will, sollte um Clickbaiting einen großen Bogen machen. Die vielen Zugriffe, die Clickbait generieren kann, mögen verlockend sein. Aber du zahlst einen verdammt hohen Preis, wenn du zwar viele Klicks bekommst, aber deine Nutzerinnern und Nutzer dabei verärgerst.
Das gilt vor allem für Unternehmen und Solo-Selbstständige, die im Dienstleistungssektor tätig sind: Was du willst, ist eine gute Beziehung zu deinen potenziellen Neukunden. Und die kriegst du NICHT, wenn du ihnen etwas versprichst und sie dann hängenlässt.
Ich schließe mit einer guten Nachricht: Clickbaiting ist gar nicht notwendig, um mehr Website-Besucher:innen zu bekommen! Statt deine Energie auf reißerische Headlines zu verschwenden, solltest du starke Adjektive verwenden und lebendige, dynamische Texte schreiben, die deine Kundinnen und Kunden begeistern und deine Dienstleistung verkaufen!
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